BEGABUNGSFÖRDERUNG IM UNTERRICHT
Begabungsförderung im Unterricht umzusetzen bedeutet, fordernde und fördernde Lernarrangements zu schaffen und es mit offenem Blick allen Schülerinnen und Schülern zu ermöglichen, ihre Begabungen zu entfalten.
Was kennzeichnet einen solchen Unterricht?
„Schüler/innen entdecken ihre Begabungen.“
Begabungsfördernder Unterricht ermöglicht Schülerinnen und Schüler*innen, ihre eigenen Interessen und Stärken zu entdecken, zu erleben und zu zeigen. Er lässt Schüler*innen in ihre Interessensgebiete eintauchen und neue Wissensgebiete erschließen.
„Schüler/innen kennen ihre Stärken und Schwächen.“
Begabungsfördernder Unterricht hilft Schülerinnen und Schülern, mit ihren persönlichen Potenzialen wertschätzend umzugehen – Stärken bewusst zu entfalten, Schwächen anzuerkennen bzw. durch Stärken zu kompensieren, aber auch einzuschätzen, wie viel Zeit und Energie in den einzelnen Bereichen eingesetzt werden sollen.
„Schüler/innen entwickeln ihre Begabungen.“
Damit sich Potenzial zu herausragender Leistung entwickelt, sind tiefgehende Lernprozesse nötig. Die Voraussetzungen sind eine fördernde Lernumgebung, aber auch Eigeninitiative und Selbstverantwortung der Lernenden. Eine begabungsfördernde Lernkultur fördert die Lernenden auch im Hinblick auf diese Kompetenzen.
„Schüler/innen wachsen über sich selbst hinaus.“
Begabungsfördernder Unterricht unterstützt das Vertrauen der Schüler*innen in sich selbst und in ihre Fähigkeiten, sodass sie es wagen, ihr Potenzial Schritt für Schritt weiterzuentwickeln, ohne sich selbst zu überfordern.
„Schüler/innen stehen zu ihren Leistungen.“
Begabungsfördernder Unterricht vermittelt eine positive Einstellung zu Leistung, die als ein Weg zu persönlicher Erfüllung gesehen wird. Einem Leistungsdruck im negativen Sinne wird entgegengearbeitet. Ein begabungsfördernder Unterricht ist ein differenzierender und individualisierender Unterricht, ein Unterricht mit Lernarrangements und Methoden, der den Schülerinnen und Schülern in ihrer Unterschiedlichkeit entgegenkommt.
Begabungen zu fördern heißt, Wissen und Fähigkeiten aufzubauen und Persönlichkeit zu entwickeln.
Alle unsere Kinder haben verschiedene Stärken und Begabungen. Wir möchten in unserem schulischen Angebot darauf eingehen und diesbezügliche Schwerpunkte setzen.
Howard Gardner hat 9 verschiedene
Intelligenzen festgehalten,
die einen guten Überblick über
die unterschiedlichsten Begabungsfelder bieten.
• Sprachliche Intelligenz
• Körperlich- kinästhetische Intelligenz
• Logisch- mathematische Intelligenz
• Visuell- räumliche Intelligenz
• Musikalische Intelligenz
• Intrapersonale Intelligenz (Die Fähigkeit, die eigenen Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen zu verstehen und zu steuern.)
• Interpersonale Intelligenz (Die Fähigkeit, Stimmungen, Motivationen und Intentionen anderer Personen zu erkennen. Diese Fähigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Umgang mit anderen Menschen.)
• Naturalistische Intelligenz
• Existenzielle Intelligenz
Es gibt Begabungen in den unterschiedlichsten Bereichen. Diese sind jedoch nicht stabil, sondern verändern sich: sie entwickeln sich lebenslang in Abhängigkeit von der Umwelt, in der sich ein Mensch befindet, und seinen Persönlichkeitsmerkmalen wie z.B. Leistungsmotivation, Durchhaltevermögen und Stressbewältigung.
Der „Klub der klugen Köpfe“ (KkK) ist ein Projekt zur systematischen Talenteförderung an allen Volksschulen Kärntens.
Projektbeschreibung
Unsere Schulgesetze sind auf integrierte Begabungs- und Begabtenförderung ausgerichtet. Besonders begabte Kinder brauchen neben dem Regelunterricht zusätzliche Förderung, um ihr Lernbedürfnis zu stillen und um eine begabungsentsprechende intellektuelle Entwicklung zu gewährleisten.
Die ECHA-Lehrerinnen im Bezirk Villach-Land, Eleonore Schmoliner und Elisabeth Frumlacher, haben im Schuljahr 08/09 ein Modell für die individuelle Förderung von besonders begabten und interessierten SchülerInnen ausgearbeitet und im Bezirk in die Praxis umgesetzt.
Die erarbeiteten Materialien werden monatlich zur Verfügung gestellt und die angemeldeten Schüler*innen können diese alleine daran arbeiten.
Am Ende des Schuljahres findet ein gemeinsames Abschlussfest fest, an dem all jene, die die Projektmappe vollständig bearbeitet haben, eingeladen werden.
Die Schüler*innen werden mit einer Urkunde ausgezeichnet.
Neben den Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht und den zusätzlichen schulischen Angeboten können Kinder mit besonderen Begabungen in Mathematik, Naturwissenschaften oder Sprache an sogenannten Werkstätten teilnehmen.
Voraussetzung hierfür sind jedoch wirklich sehr gute Leistungen und ein überdurchschnittlicher IQ. Der Werkstätten-Unterricht findet außerschulisch statt und kann – nach einer Austestung und Genehmigung von Seiten des Fachbereichs für Begabungsförderung – auf Wunsch regelmäßig besucht werden.
Hintergrundinformation: 10 bis 20 % aller Kinder und Jugendlichen gelten als besonders begabt, da sie in einem oder mehreren Bereichen im Vergleich zum Durchschnitt ihrer Altersgruppe deutlich voraus entwickelt oder ausgeprägt talentiert sind.
Bei 2% der Kinder und Jugendlichen spricht man von einer Hochbegabung, weil ihre Vorausentwicklung bzw. ihr Talent überragend hervorstechen. (IQ 130)
An unserer Schule gibt es auch Schüler*innen mit einer ausgewiesenen Hochbegabung.
Für solche Kinder ist es auch möglich, eine zusätzliche Förderstunde durch eine speziell ausgebildete Lehrperson zu beantragen.
Somit können Sie in „Ihrem“ Fach eine außergewöhnliche Förderung erhalten.
Es gibt jedoch noch weitere Fördermöglichkeiten. Einige möchten wir Ihnen hier noch vorstellen:
Das Drehtürmodell ermöglicht es hochbegabten Schüler*innen, sich besonderen Heraus-forderungen zu stellen, die ihren individuellen Stärken entsprechen. Um ihre Lernwege zu individualisieren, verlassen sie ihre Klasse für einzelne Stunden. In dieser Zeit arbeiten sie entweder an besonderen Projekten oder nehmen an einem anderen Unterricht – in einer höheren Schulstufe – teil.
Lernverträge werden zwischen einer Lehrperson und einer Klasse oder Lehrpersonen und einzelnen Schüler*innen geschlossen, um den Lernenden mehr Eigenverantwortung und Mitsprache bei der Planung und Durchführung der Lernprozesse zu geben. Schüler*innen bekommen so die Möglichkeit, Lernziele, Lernarrangements und Unterrichtsmethoden, Kern- und Erweiterungsbereiche sowie Kriterien für die Leistungsbeurteilung mitzubestimmen.
Die Möglichkeit zur Mitbestimmung zeigt den Schüler*innen nicht nur Wertschätzung, sie erhöht auch ihr Bewusstsein für eigenverantwortliches Lernen und damit die intrinsische Motivation.
Ein Portfolio ist eine repräsentative Sammlung ausgewählter Dokumente und Belege. Es eignet sich, um den Entwicklungsstand und den Lernfortschritt aufzuzeigen, Begabungen und Stärken sichtbar zu machen sowie – je nach Zweck des Portfolios – zur Leistungsfeststellung und -beurteilung. Darüber hinaus bietet die Arbeit mit Portfolios Lernenden die Möglichkeit zu intensiver Reflexion des eigenen Lernens und der eigenen Lerner/innenbiografie. Die Entwicklung von Eigenverantwortung und Selbststeuerung wird unterstützt und die Schüler*innen lernen, die Qualität der eigenen Leistungen selbst zu beurteilen.
Beim Peer-Teaching oder Lernen durch Lehren übernehmen Schüler*innen im Unterricht die Lehrer*innenrolle. Lernende werden zu Lehrenden, werden von Empfangenden zu Produzierenden von Wissen. Lehrpersonen ist bewusst, welchen Unterschied es macht, Wissen nur zu empfangen oder es aktiv für andere produzieren zu müssen.
Diese handlungsorientierte Unterrichtsmethode ist in jedem Fach und bei jeder Altersgruppe einsetzbar.
Vorteile dieser Methode sind:
• Die Lernenden erwerben Fachwissen und Kompetenzen in den Bereichen Präsentation, Moderation und Teamarbeit.
• Der Sprechanteil auf Seiten der Schüler*innen wird deutlich erhöht.
• Themen werden aus Lerner*innenperspektive betrachtet.
• Die Behandlung des Stoffes erfolgt meist intensiver.
• Die Lehrperson beobachtet und kann Verständnisprobleme leichter identifizieren.
• Die Hemmschwelle, sich am Unterricht zu beteiligen oder um Rat zu fragen, ist zwischen Schüler*innen geringer.
• Es herrscht mehr Freude am Unterricht aufgrund der gebotenen Abwechslung.
• Die Lernenden sind motivierter.
• Soziales Lernen wird gefördert.
Bei dieser Methode ist erforderlich, dass die/der Lernende den Stoff selbst versteht, diesen so aufbereitet, dass er von der den Mitschülerinnen und Mitschülern verstanden wird und überlegt, wie der Stoff präsentiert bzw. erarbeitet werden kann.
Begabungsförderung im regulären Klassenunterricht bedeutet, differenziert zu lehren, damit die Schüler*innen individuell lernen können. Dabei sollen individuelle Unterschiede hinsichtlich Motivation, Zielsetzung, Interessen, Reife, Vorwissen, Begabung, sozialer Kompetenz, bevorzugter Lernstrategien usw. berücksichtigt werden. Das zentrale Prinzip ist das der optimalen Passung zwischen Lernangeboten einerseits und Lernvoraussetzungen andererseits, damit sowohl der Unter- als auch der Überforderung weitgehend vorgebeugt wird.
Sowohl Unter- als auch Überforderung wirken stressauslösend.
Dauerhafte Überforderung kann „einen Teufelskreis auslösen, der von leistungsbeeinträchtigender Furcht vor Misserfolg, Verlust an sozialer Anerkennung, reduzierter Lernaktivität bis hin zu verstärktem Misserfolg“ (Helmke, 2013, S. 34) führt.
Unterforderung resultiert auf Dauer in Langeweile, gefolgt von reduzierten eigenen Lernanstrengungen bis hin zur Einstellung der Lernaktivitäten.
Die Differenzierung kann sich auf die Lerninhalte, auf Qualität oder Quantität der Lernaufgaben, auf die Unterrichtsmedien oder auf die Produkte beziehen:
• Differenzierung über die Quantität (WIEVIEL?) geschieht für begabte Schüler*innen z.B. durch Reduzierung der Übungsphasen, durch längere Texte mit umfangreicherem Wortschatz, durch das Setzen umfassenderer Lernziele oder höherer Lernschritte oder durch das Erstellen einer höheren Anzahl an Lernprodukten.
• Differenzierung über die Lerninhalte (WAS?) und Lernmedien (WODURCH?) kann z.B. durch die Wahl von unterschiedlichen Sachtexten, Geschichten, Rätseln, Spielen, Filmen, Vorträgen usw. gelingen. Das übergeordnete Lernziel kann dabei für alle Schüler*innen gleich sein.
• Qualitativ (WIE?) lässt sich bezüglich des Schwierigkeitsgrads, der Tiefe der Verarbeitung, der Aufnahmekanäle (z.B. nur Hören statt Hören und Mitlesen), der Lernwege, der Produktionsbedingungen (z.B. spontan statt mit Vorbereitungszeit) oder der Produktanforderungen (z.B. Grad der Korrektheit, Perfektion) differenzieren.
Weitere Differenzierungsmöglichkeiten beziehen sich auf
• den Grad des Vorwissens
• die Sozialform (z.B. Einzel- oder Teamarbeit, Arbeit im Plenum),
• Hilfsangebote
• den Grad der Autonomie
• Anteil an Reflexion des eigenen Lernprozesses.
Wesentlich bei allen Maßnahmen der Begabtenförderung, wie auch bei der Drehtür, ist die Anerkennung der besonderen Leistungen oder des Einsatzes der Schüler*innen. Erst wenn Stärken und Leistungen, die Begabungen der Schüler*innen in der Schule anerkannt und sichtbar gemacht werden, können sie sich frei entfalten und ihr Potenzial zeigen.